31 | 05 | 2022

Der Star ist das Gebäude

Wie die Erneuerung und Sanierung des Oekolampads geplant wird

Im Sommer 2022 starten die Bauarbeiten am Gemeindehaus Oekolampad. Nach umfassenden Sanierungs- und Umbauarbeiten wird die grosszügige Anlage 2024 vier gemeinnützigen Basler Institutionen ein neues Zuhause bieten. Paula Frasch und Juri Schönenberger sind bei Vécsey*Schmidt Architekt*innen für die Projektleitung dieses Transformationsprozesses zuständig.

Das Projektteam bei Vécsey*Schmidt Architekt*innen für die Umbau- und Sanierungsarbeiten am Gemeindehaus Oekolampad: Irene Giubbini, Paula Frasch, Juri Schönenberger, Nora Meyer (v.l.n.r.) Foto: Donata Ettlin

Man spürt es beim Gespräch mit den Projektleitenden deutlich: Der Star ist das historische Gebäude – oder «der Bestand», wie man in Fachsprache sagt. Was in den 1930er-Jahren am Stadtrand an der Allschwilerstrasse geschaffen wurde, ist baulich von hoher Qualität und hat eine starke Ästhetik. Der Klinkerbau mit dem charakteristischen Pfeilervorbau in der Südfassade gehört der Klassischen Moderne an und ist in seiner Wirkung trotz seines Volumens eher zurückhaltend. Mit dem hohen Turm, der seine ursprüngliche Funktion als Kirche von Weitem sichtbar macht, ist der Bau prägend fürs Quartier.

Im Foyer oder beispielsweise im Gemeindesaal ist der ursprüngliche Charakter des Gebäudes erhalten und deutlich spürbar. Andere Gebäudeteile wie die Weinsbergstube wurden baulich stark verändert. Bei der Planung von Sanierung und Umbau muss das Team der Architekt*innen von Vécsey*Schmidt also mit ganz unterschiedlichen Situationen umgehen. Und es hat im denkmalgeschützten Bau zahlreiche Auflagen und Vorgaben der Behörden zu erfüllen. 

Orientierung am Bestand

«Unsere Eingriffe sollen etwas Frisches haben, aber nicht im Kontrast stehen zur bestehenden Bausubstanz», meint Paula Frasch und führt die Grundhaltung vom Büro Vécsey*Schmidt zum Bau aus. Sie möchten möglichst nah an der bestehenden Substanz bleiben ohne historisierend zu wirken. «Wir erfinden nicht alles neu», bestätigt Juri Schönenberger. Das Planungsteam lässt sich für die neue Materialisierung und Planung der Baumaterialien vom Bestand inspirieren. Diese müssen allerdings mit der Bauherrschaft und Denkmalpflege abgestimmt werden.

Die Analyse der historischen Bausubstanz war akribisch. Spezialist*innen haben Farben und Materialien genau bestimmt und dokumentiert. Es wurden Schichten abgetragen, um ursprüngliche Farben und Tapeten freizulegen. An den Fensterrahmen kam so beispielsweise ein helles Grün zum Vorschein, das die Planer*innen aufgenommen haben. Der Bau soll in seiner Aussenwirkung dadurch wieder näher an seinen historischen Zustand herangeführt werden. 

Aufwändiger Brandschutz

Je nach Zustand der Räume sind grössere Veränderungen zulässig oder eben nicht. Bereits in der Testplanungsphase stand das Projektteam in engem Austausch mit der Denkmalpflege. «Wir sprechen viel mit ihnen ab und profitieren vom Vertrauen», berichtet Paula Frasch. Der Wibrandissaal zum Beispiel wird gemäss Vorgaben der Denkmalpflege nahezu in seiner ursprünglichen Form erhalten bleiben – darin auch die bauzeitlichen Leuchter. Ebenfalls wird der Gemeindesaal in seiner heutigen Form erfahrbar bleiben, obwohl der Einbau einer Theaterbox in den Saal eine grosse räumliche Veränderung bedeutet. Der Einbau eines Theaters mitsamt Theatertechnik erfordert grosse Eingriffe, die jedoch nach Fertigstellung nur noch wenig sichtbar sein werden. 

Der grosse Gemeindesaal mit eingebautem Theater. Visualisierung: PONNIE Images / Vécsey*Schmidt Architekt*innen

Nicht nur die zukünftigen Nutzungen führen zu grossen Eingriffen: Brandschutzertüchtigungen machen einen zentralen Aufwand im Projekt aus. Einige Massnahmen wie beispielsweise die Ertüchtigung der Decken auf den heutigen Standard waren zu Beginn des Projekts nicht absehbar. 

Auslage der Materialien im Musterzimmer

Eine Besonderheit dieses Architekturprojekts stellt neben der historischen Substanz die Vielfalt der zukünftigen Nutzer*innen dar, die unter der Schirmherrschaft der Wibrandis Stiftung alle in die Planung miteinbezogen wurden. «Wir bauen nicht eine Wohnung, die wir in einem Mehrfamilienhaus mehrfach einplanen können. Durch die unterschiedlichen Bedürfnisse der Nutzenden wird jede Ecke anders», so Juri Schönenberger.

In zahlreichen Sitzungen hat das Team der Architekt*innen Vorschläge und Möglichkeiten mit der Wibrandis Stiftung und je nach Gebäudeteil mit dem Vorstadttheater Basel, mit AMIE Basel, mit dem Basler Wirrgarten, mit dem Quartiertreffpunkt oder mit den Verantwortlichen für das geplante gastronomische Angebot diskutiert. Fliesen, Tapeten, Möbel und auch Farben wurden sorgfältig ausgewählt. 

Im Musterzimmer versammeln sich ein Maschendrahtzaun neben Bodenplatten oder Wandfliesen. Foto: Donata Ettlin

Dabei diente insbesondere das «Musterzimmer» im Erdgeschoss der Schönenbuchstrasse zur Veranschaulichung. Auf einem Tisch liegen dort verschiedene Muster für Badfliesen neben unterschiedlichen Arten von Maschendrahtzaun und einer Auswahl an Bodenplatten. Meist werden mehrere Muster bestellt, die nach der engeren Auswahl wieder zurückgeschickt werden. 

Auch bei der Materialauswahl orientieren sich die Architekt*innen am Bestand. «Erste Ideen zu den Materialien entwickelten wir bereits im Wettbewerb. Je weiter wir planen, desto mehr versuchen wir, das ursprüngliche Bild nicht zu verlieren», führt Paula Frasch aus. «Es ist interessant, dass wir schon im Wettbewerb intuitiv Materialien vorgeschlagen haben, auf die wir jetzt bei der Planung zurückgreifen», ergänzt Juri Schönenberger. 

Baubewilligung bedeutet Auszug

Das Team der Architekt*innen konnte in der Planung von einem Vorteil profitieren. Im 2021 ist das gesamte Büro von Vécsey*Schmidt in den Gebäudeflügel an der Schönenbuchstrasse eingezogen. Sie konnten die Sanierungs- und Umbauarbeiten also im Gebäude selbst planen. Das Umbauobjekt diente ihnen als Bürozwischennutzung. Mit dem Beginn der Bauarbeiten ist damit nun Schluss. Die Baubewilligung als Meilenstein bedeutet für das Architekturteam also auch einen Abschied. Schönenberger und Frasch werden als Projektleitende natürlich trotzdem weiter präsent sein. Und sie freuen sich bereits heute auf die Eröffnung des neuen Gemeindehauses: «Wir stellen uns vor, dass durch die Sanierungs- und Umbauarbeiten eine einladende Stimmung entsteht und das Gebäude wieder durch das Quartier belebt wird», so Frasch.

Maren Stotz und Claudio Miozzari

Lesen Sie auch den Beitrag «Ein Baustellenbesuch im Gemeindehaus Oekolampad» vom 10. Januar 2023.